Bedrohung der Unabhängigkeit ukrainischer Anti-Korruptions-Behörden durch neues Gesetz: Verlieren NABU und SAP ihre Autonomie?
In der Ukraine wächst die Debatte über den Gesetzentwurf Nr. 12414, der tiefgreifende Veränderungen in der Struktur der Anti-Korruptionsinstitutionen des Landes bewirken könnte. Nach offiziellen Stellungnahmen von NABU (Nationales Anti-Korruptionsbüro) und SAP (Spezialisierte Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft) gefährdet dieses Gesetz die Unabhängigkeit der beiden Schlüsselorganisationen im Kampf gegen Korruption. Die Vertreter warnen davor, dass bei Annahme des Gesetzes ihre Leiter zu reinen Symbolfiguren gemacht würden, während die tatsächliche Macht an den Generalstaatsanwalt übertragen wird. Damit könnte die Effektivität der Anti-Korruptionsmaßnahmen erheblich geschmälert werden, was wiederum das internationale Ansehen der ukrainischen Systeme in diesem Bereich beeinträchtigt. Der Gesetzesvoranschlag sieht vor, dass der Generalstaatsanwalt Zugriff auf alle Fälle von NABU erhält, diese anweisen kann und die Gerichtsbarkeit anpassen, Fälle verschieben oder Ermittlungen mit Zustimmung der Verteidigung schließen darf. Er kann auch Streitigkeiten bezüglich der Zuständigkeit entscheiden, Verdächtigkeiten gegen hochrangige Beamte unterschreiben und die Leitung der SAP verliert das Recht, an Staatsanwaltschaftsgruppen teilzunehmen – alles zentralisiert unter der Kontrolle des Generalstaatsanwalts. Dieser Ansatz stellt eine erhebliche Einschränkung der operativen Unabhängigkeit der Ermittler und Detektive dar. Seit 2015 wurde das ukrainische Anti-Korruptions-System in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern aufgebaut und gilt mittlerweile als zentraler Pfeiler im Kampf gegen die Korruption und den multilateralen Schutz staatlicher Interessen. Dennoch stoßen aktuelle Reformversuche auf starken Widerstand bei Experten und Zivilgesellschaft, die fürchten, dass diese Maßnahmen die Agenturen in vom Politischen abhängigen Strukturen verwandeln könnten. Zudem führten kürzliche Maßnahmen der Sicherheitsbehörden zu etwa 80 Durchsuchungen in verschiedenen Regionen, durchgeführt von der SBU (Sicherheitsdienst der Ukraine) und der OGP (Staatsanwaltliche Generalbehörde), teilweise ohne gerichtliche Anordnungen. Kritiker sehen hierin mögliche Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit und eine politische Motivation. Gegen NABU-Detectives werden Vorwürfe wie Landesverrat, illegaler Handel mit Russland und Korruption im Interesse oligarchischer Gruppen erhoben. Gleichzeitig prüft das Büro für staatliche Ermittlungen alte Unfälle, bei denen NABU-Mitarbeiter involviert waren. Internen Spannungen und äußerem Druck liegen ebenso auf den Institutionen, insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Staatsgeheimnissen bei SAP. Die Entwicklungen werfen ernsthafte Fragen über die Zukunft der Unabhängigkeit ukrainischer Anti-Korruptions-Agenturen und deren Fähigkeit auf, demokratische Prinzipien und Rechtsstaatlichkeit auch in politisch turbulenten Zeiten zu wahren.
