Wie man die Kriegsjahre emotional übersteht: Fünf Schlüsselworte aus unserer Erfahrung

Seit mehr als drei Jahren leben die Ukrainer in einer Atmosphäre ungewisser Zukunft, in einem Zustand ständiger Bewährung und persönlicher Belastung. Der Krieg hat unsere Welt für immer verändert, und wir alle sind gezwungen, darüber nachzudenken, was mit uns, unseren Gefühlen und unseren Lebensperspektiven geschieht. Nachdem wir viele der wichtigsten Elemente unseres Wohlbefindens – Sicherheit, Stabilität und Vorhersehbarkeit – verloren haben, konzentrieren die Menschen all ihre Anstrengungen darauf, sich an die neue Realität anzupassen und sich selbst zu erhalten. Dies ist nicht nur ein psychisches Syndrom, sondern eine tiefe Lebenskrise, die jeden von uns berührt. In diesem Artikel möchte ich fünf Worte teilen, die die wichtigsten Aspekte unserer Gegenwart widerspiegeln. Sie helfen uns, uns selbst und unsere Umgebung besser zu verstehen und die Kraft zu finden, auch unter schwierigsten Bedingungen weiterzumachen. Dies sind nicht nur Worte, sondern Schlüssel zum Überleben unter den Bedingungen des Krieges, der das normale Leben zerrissen und in einen täglichen Kampf um jeden Moment verwandelt hat. **Das erste Wort ist „Mangel“.** Der Krieg hat uns vieles genommen: Sicherheit, Frieden, Stabilität. Leere, die es vorher nicht gab, ist in unserem Alltag aufgetaucht. Das größte Defizit betrifft das Sicherheitsgefühl. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen, man kann das Verlorene nicht zurückholen, aber man kann lernen, mit diesem Mangel zu leben und nach Lösungen zu suchen, um selbst die einfachsten Bedürfnisse zu befriedigen. Es ist, als hätte jeder von uns eine imaginäre „Behinderung“ – den Verlust von Funktionen, die zuvor unverzichtbar schienen. Verlorene Möglichkeiten, nach Hause zurückzukehren, bei geliebten Menschen zu sein, einfach nur nachts zu schlafen oder die Grenze zu überqueren – all das gehört der Vergangenheit an. Doch Anpassung, Einfallsreichtum und gegenseitige Hilfe sind unsere wichtigsten Werkzeuge, um diesen nationalen und persönlichen „Mangel“ zu überwinden. Es ist wichtig, sich nicht zu schämen, um Hilfe zu bitten, und bereit zu sein, dieser Leere mit kleinen, aber bedeutsamen Schritten zu begegnen. **Das zweite Wort ist „Schmerz“.** Jeder Tag ist eine Mischung aus Emotionen und Erfahrungen. Hoffnungslosigkeit, Angst, Verzweiflung, Wut, Traurigkeit – all das begleitet das Leben im Krieg. Und obwohl wir diese Gefühle manchmal verbergen und so tun wollen, als sei alles in Ordnung, sind sie doch ein wesentlicher Bestandteil unserer Existenz. Schließlich signalisieren sie uns, dass wir lebendig sind, zu unerwarteten Emotionen fähig sind und auf die Herausforderungen der Welt um uns herum reagieren können. Angst gibt uns den Anstoß, wachsam zu sein, Trauer hilft uns, Verluste zu verarbeiten, und Wut lässt uns nicht zusammenbrechen. Es lohnt sich, sich daran zu erinnern, dass diese Gefühle, obwohl schwierig, eine natürliche Reaktion auf eine schwierige Situation sind. Versuchen Sie, die schönen Momente möglichst nicht zu übertönen – wir brauchen Freude und Lebensfreude, um unser menschliches Gesicht nicht zu verlieren. **Das dritte Wort ist „Erschöpfung“.** Experten haben seit 2022 wiederholt Kriegsmüdigkeit festgestellt. Das vierte Jahr blutiger Konfrontationen – und wir haben uns bereits daran gewöhnt, trotz unzähliger Anzeichen von chronischem Stress zu leben und zu arbeiten. Laut Gradus leiden mehr als die Hälfte der Ukrainer unter schwerer körperlicher und psychischer Erschöpfung. Dieses Gefühl verstärkt sich von Jahr zu Jahr, und es ist mittlerweile schwer, es zu verbergen. Die Menschen befinden sich in einem Zustand tödlicher Erschöpfung, und das, obwohl der Krieg andauert und die Fronten bereits Teil unseres Unterbewusstseins geworden sind. Stress durchdringt jede Zelle unseres Körpers – und das ist normal. Was tun? Das Einfachste, was wir tun können, ist, uns Ruhe zu gönnen. Kraft tanken ist das Wichtigste. Schon eine kurze Pause und ein paar Minuten Entspannung können die unsichtbare Belastung lindern und neue Lebensenergie tanken. **Das vierte Wort ist „Unsicherheit“.** Wir leben in einer Zeit, in der sich die Dauer des Krieges und sein Ende nicht vorhersagen lassen. Das führt zu vielen Zweifeln, Zögern und Entscheidungsschwierigkeiten. Oft wissen die Menschen nicht, ob es sich lohnt, in neue Projekte zu investieren, irgendwohin zu gehen oder diese schreckliche Zeit abzuwarten. Es gibt keinen Algorithmus – keine klare Anweisung. Das Einzige, was hilft, ist eine vertraute Routine. Angesichts all dieser Risiken und Unsicherheiten hilft uns die tägliche Erfüllung unserer Pflichten und die Verbesserung unserer Rituale, um über Wasser zu bleiben. Schließlich ist es die Kontrolle über alltägliche Angelegenheiten, die das Gefühl der Sinnlosigkeit reduziert und inmitten des Chaos ein Gefühl der Stabilität vermittelt. Denken Sie immer daran: Selbst in den dunkelsten Zeiten gibt es etwas, das Sie kontrollieren können – beim Zubereiten von Essen, beim Aufrechterhalten der Ordnung, bei der Fürsorge für Ihre Lieben. **Das fünfte Wort ist „Leben“. Unter Kriegsbedingungen ist es wichtig, sich daran zu erinnern: Trotz allem leben wir. Unser Leben ist nicht nur Existenz, es ist auch voller kleiner täglicher Freudenmomente. Wir stehen morgens auf, küssen unsere Kinder, trinken Kaffee, lesen Bücher, kommunizieren mit unseren Lieben, lachen, umarmen uns. Das ist ein wahrer Wert, ein Wert, der auch in den schwierigsten Zeiten nicht verloren gehen sollte. Das Leben selbst ist unser wichtigster Widerstand und unsere Antwort auf den Krieg. Es sollte nicht aufgeschoben oder abgewertet werden. Wir haben nicht das Privileg, auf bessere Zeiten zu warten – wir leben und kämpfen jeden Tag. Das ist unser wahrer Sieg – unser menschliches Gesicht und die Kraft, voranzuschreiten, zu bewahren. So kann man selbst unter den dunkelsten Bedingungen des Krieges die Kraft zum Leben finden – mit Hilfe moderner Weisheit, innerer Widerstandsfähigkeit und gemeinsamer Unterstützung. Schließlich ist jedes Wort, das wir sagen, jeder Tag wichtig, um Wunden zu heilen und die Zukunft zu gestalten. Und in vier Wänden, in einer Menschenmenge, in der Einsamkeit – wir leben, und diese Tatsache ist wichtiger als jede Liste von „Mängeln“ und „Verurteilungen“. Glaube an deine eigene Stärke und lass nicht zu, dass der Krieg deine Menschlichkeit bricht.