Die Ukraine ist gespalten: Bewegt sich das Land in Richtung Demokratie oder Autoritarismus?

Chas Pravdy - 27 Juni 2025 12:19

Laut einer aktuellen Umfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie (KIIS) sind die Meinungen der Ukrainer zur Richtung der staatlichen Entwicklung nahezu gleichmäßig verteilt. So glaubt die Hälfte der Befragten – 50 % –, dass sich die Ukraine zunehmend in Richtung Stärkung demokratischer Institutionen und Werte bewegt, während 41 % davon überzeugt sind, dass sich das Land in Richtung Autoritarismus bewegt. Weitere 9 % der Befragten waren unentschlossen und hatten ihre Prioritäten noch nicht festgelegt. Diese Daten deuten auf eine recht deutliche Spaltung der Gesellschaft hinsichtlich der Einschätzung der jüngsten Entwicklungstrends des Landes hin. Die Autoren der Studie betonen, dass ein Vergleich dieser Situation mit früheren Jahren oder längeren historischen Zeiträumen schwierig sei, da in diesem Bereich nicht genügend Daten für eine direkte Analyse der Dynamik vorlägen. Gleichzeitig betont die Soziologie, dass angesichts des Zusammenhangs zwischen Entwicklungseinschätzungen und Einstellungen gegenüber der Regierung davon ausgegangen werden könne, dass die Situation entweder ähnlich oder sogar noch schlimmer war als die aktuelle. Besonders interessant ist die Einschätzung der Ukrainer in Abhängigkeit vom Vertrauen in die Regierung und insbesondere in Präsident Wolodymyr Selenskyj. KIIS hat modelliert, wie sich die Entwicklung des Landes aus verschiedenen Perspektiven und in Abhängigkeit von der politischen Einstellung der Befragten darstellt. Insbesondere unter denjenigen, die dem Präsidenten absolut nicht vertrauen (82 %), überwiegt die Meinung, dass sich die Ukraine in Richtung Autoritarismus bewegt – dieser Indikator erreicht 84 %. Dies deutet auf allgemeine Spannungen in der Gesellschaft und eine gewisse Vertrauenskrise in die Führung hin, die sich auch auf die Wahrnehmung der Unabhängigkeit des Landes und seines künftigen politischen Kurses auswirken könnte. Im Gegensatz dazu zeigen Befragte mit hohem Vertrauen in Selenskyj eine deutlich optimistischere Zukunftsvision. Mehr als drei Viertel von ihnen – 76 % – glauben, dass sich die Ukraine in Richtung größerer Demokratie bewegt, während nur 7 % eine Entwicklung in Richtung Autoritarismus sehen. Doch selbst unter denjenigen, die dem Präsidenten eher vertrauen, ist die Lage in dieser Frage gemischt: Die Hälfte – 50 % – neigt dazu, zu glauben, dass sich das Land in Richtung Demokratie bewegt, während 41 % eine Entwicklung in Richtung Autoritarismus bevorzugen. Diese Daten zeigen deutlich, dass das Vertrauen in den Präsidenten und die Einschätzung eines möglichen Zukunftsszenarios im Hinblick auf die Entwicklungsaussichten des Landes eng miteinander verknüpft sind. Die Studie des „Kyiv International Institute of Sociology“ wurde im Rahmen von Telefoninterviews mit einer zufälligen Stichprobe von Mobilfunknummern in der gesamten Ukraine im Zeitraum vom 28. Mai bis 3. Juni 2025 durchgeführt. Insgesamt wurden 1.092 erwachsene Befragte ab 18 Jahren befragt. Der statistische Fehler für diese Indikatoren betrug bei einem Konfidenzniveau von 95 % nicht mehr als 3,9 %, was darauf hindeutet, dass die erhaltenen Daten recht repräsentativ sind. Die ukrainische Gesellschaft ist heute also in ihren Ansichten über die weitere Entwicklung des Landes gespalten. Die Hoffnung auf einen demokratischen Weg vermischt sich mit der Sorge vor dem möglichen Vordringen autoritärer Tendenzen – und all dies im Kontext der Funktionsweise politischer Institutionen, des Vertrauens in Machtstrukturen und persönlicher politischer Präferenzen. Die Zeit wird zeigen, welchen Weg die Ukrainer in Zukunft einschlagen und wie stark das Gefühl gemeinsamer Identität und das Vertrauen in die Führung des Landes sein werden.

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