Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico äußerte die Ansicht, dass der Neutralstatus für sein Land unter den heutigen internationalen Rahmenbedingungen am vorteilhaftesten wäre

Sein Kommentar wurde während eines Besuchs im Wirtschaftsministerium abgegeben, bei dem ein Rechenschaftstag stattfand, berichtet die analytische Publikation Aktuality. Allerdings stieß diese Aussage auf breite Diskussionen und löste bereits scharfe Reaktionen seitens der Opposition und Experten aus. Fico betonte, dass sich die Welt verändert, und in einer Zeit, in der das globale Kräfteverhältnis ständig im Wandel ist, der Neutralstatus für die Slowakei eine optimale Lösung darstellte. Seinen Worten nach, „in Zeiten der Aufrüstung, wenn Rüstungsfirmen genauso Gewinne machen wie Pharmaunternehmen während der COVID-19-Pandemie, könnte der neutrale Status das Land vor unnötigen Risiken und Konflikten bewahren.“ Er wies darauf hin, dass er diese Idee bereits „offiziell und klar“ vorgebracht habe, betonte jedoch, dass die endgültige Entscheidung nicht allein von seinem Willen abhänge. Die Erklärung des Premiers kam kurz vor einem geplanten Runden Tisch mit Präsident Peter Pellegrini, bei dem die Erhöhung des Verteidigungsetats des Landes diskutiert werden sollte. Die Opposition reagierte umgehend. Der Leiter der einflussreichsten Oppositionspartei „Progressives Slowakei“, Michal Šimečka, nannte Ficos Worte „skandalös“ und warf dem Premier vor, faktisch das Ziel zu verfolgen, das Land aus der NATO zu drängen. „Robert Fico träumt vom Neutralstatus. Er stellt unsere NATO-Mitgliedschaft in Frage — die Grundlage unserer Sicherheit. Das zerstört nicht nur die Außenpolitik unseres Landes, sondern spielt auch Wladimir Putin in die Hände“, betonte Oppositionsführer und fügte hinzu, dass seine Haltung bei den Bürgern und Diplomaten tiefe Besorgnis hervorrufe. Die verschärfte Debatte über die historischen und strategischen Ausrichtungen der Außenpolitik der Slowakei entstand vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen in der Region aufgrund des Krieges in der Ukraine und unerwarteter Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Union. So präsentierte die Europäische Kommission am 10. Juni den 18. Sanktionspaket gegen Russland, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zusätzliche Fragen zur wirtschaftlichen und energietischen Sicherheit des Landes aufwarf. Genau nach diesem Vorfall erklärte Fico, dass er dieses neue Sanktionspaket nicht unterstützen werde, solange die EU-Kommission keine konkreten Maßnahmen vorschlägt, um die Krisensituation zu bewältigen, die im Falle eines vollständigen Stopps der Gas-, Öl- und Kernbrennstofflieferungen aus Russland infolge der Sanktionen entstehen könnte. Seiner Ansicht nach würden solche Schritte zu ernsthaften wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen für die Slowakei führen, weshalb es notwendig sei, Kompromisse zu suchen und die Stabilität zu gewährleisten. Was die Haltung zum Neutralstatus betrifft, so ist diese Idee nicht neu: In der Vergangenheit tauchten solche Vorschläge gelegentlich im politischen Diskurs auf, im Moment stößt sie jedoch auf erheblichen Widerstand und Kritik seitens der meisten politischen Kräfte, die die Bedeutung einer NATO-Integration im Kontext der aktuellen Sicherheitslage in der Welt betonen. Gegner befürchten, dass die Äußerungen des Premiers die Position des Landes in strategischen Allianzen schwächen und es für externe Einflüsse anfälliger machen könnten. Damit deutet die Situation auf einen schweren Konflikt zwischen den Bestrebungen nach Neutralität und den Verpflichtungen gegenüber internationalen Verbündeten, insbesondere der NATO, hin. Gleichzeitig schließen Politiker und Experten nicht aus, dass dieses Thema im Rahmen zukünftiger parlamentarischer Debatten weiterentwickelt werden könnte und zu einem der Schwerpunkte der außenpolitischen Trends Slowakei in naher Zukunft wird.