Das Institut für Kriegsstudien (ISW): Russland lehnt sich zwanglos gegen die Suche nach einem Kompromiss während der Verhandlungen in Istanbul ab
Die Analysten des Instituts für globale Sicherheit (ISW) äußern ihre tiefgreifende Besorgnis über den Verlauf der Verhandlungsprozesse zwischen Russland und der Ukraine, die in Istanbul stattfanden. Nach ihrer Analyse versucht der Kreml absichtlich, echte diplomatische Vereinbarungen zu verhindern und strebt nur eine Fortsetzung des Krieges an, der das Ziel verfolgt, Kiew zu erweitern und die Ukraine unter Druck Russlands zur Kapitulation zu zwingen. Laut Studie unterscheidet sich die russische Delegation, die im Mai 2025 an den Istanbul-Verhandlungen teilnahm, erheblich von der, die Russland 2022 vertrat. Ein Großteil der Vertreter sind dieselben hochrangigen Beamten, die Ende des letzten Jahrzehnts in der Delegation waren. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Tatsache, dass Wladimir Medinski, der Assistent des russischen Präsidenten Wladimir Putin, offiziell angekündigt wurde, die russischen Verhandlungen in Istanbul in diesem Jahr zu leiten. Dies wirft Bedenken hinsichtlich der Ausrichtung der Moskauer Delegation auf, da Medinski für seine Verteidigung des Putin-Regimes und für informell bekannte Oppositionshaltung gegenüber jeglichen Kompromissen berüchtigt ist. Im Bericht des Instituts wird betont, dass der russische Diplomat die Verhandlungen im Mai 2025 direkt mit dem Beginn des Verhandlungsprozesses in Istanbul 2022 in Verbindung bringt, als Russland der Ukraine Bedingungen stellte, die ihrer endgültigen Kapitulation gleichkamen. Dies zeigt, dass der Kreml beabsichtigt, zu diesen kompromisslosen Forderungen zurückzukehren, wobei er darauf setzt, dass die Ukraine nach drei Kriegsjahren erhebliche Veränderungen an der Front erlebt hat: Die ukrainischen Streitkräfte konnten trotz Schwierigkeiten die besetzten Regionen Charkiw und Cherson befreien, den Vormarsch russischer Truppen im Osten und Süden stoppen und ihre Kampffähigkeit deutlich steigern. Laut Experten zielt Medinskis Hauptziel darauf ab, den Eindruck zu erwecken, dass die Verhandlungen im Mai 2025 eine Fortsetzung der erfolglosen früheren Initiativen seien. Dieses Vorgehen soll ihrer Ansicht nach die russischen Forderungen nach der Kapitulation der Ukraine legitimieren, trotz Beweisen aus dem Kampffeld, dass die ukrainischen Streitkräfte aktuell eine stärkere Position haben als im April 2022, und die russischen Truppen durch Verluste und die niedrige Ausbildung der neuen Rekruten erheblich geschwächt sind. Die Autoren des Berichts betonen, dass dieser Ansatz der russischen Seite ihre Unfähigkeit bestätigt, faire und reale Kompromisse anzubieten. Denn die Bemühungen der Ukraine, der USA und der europäischen Partner zielen darauf ab, Bedingungen für einen stabilen und lang anhaltenden Waffenstillstand zu schaffen, der die Grundlage für zukünftige Verhandlungen und die langanhaltende Sicherheit der Ukraine bildet. Die Formulierung Medinskis zeigt hingegen die Unwilligkeit Moskaus, Zugeständnisse zu machen, und bewahrt das bisher erreichte Druckniveau, während die Politik des maximalen Drucks weitergeführt wird. Beim Thema der Informationsfront konzentrieren sich die Analysten auch auf das Handbuch, mit dem die russischen Medien vom Kreml bezüglich der Berichterstattung über die Verhandlungen in Istanbul vertraut gemacht wurden. Das Dokument stellt fest, dass Russland bestrebe, seine Streitkräfte und Erfolge – einschließlich einer vermeintlichen Verbesserung der Kampfsituation – als bedeutende und überzeugende Argumente darzustellen, wobei reale Herausforderungen, denen seine Armee gegenübersteht, ignoriert werden. Dafür werden Aussagen verwendet, die die schlechteren Bedingungen für die Ukraine im Jahr 2025 im Vergleich zu 2022 betonen, was ein Versuch ist, den endgültigen Sieg Russlands auf dem Schlachtfeld zu rechtfertigen, die eigenen Verluste zu erklären und die ukrainischen Errungenschaften herabzusetzen. Insgesamt konstatieren die Experten einstimmig, dass das stetige Festhalten Russlands an seinen kompromisslosen Forderungen seine Bestrebungen nach vollständiger Kapitulation der Ukraine belegt. Dieser Ansatz zeigt ihrer Ansicht nach, dass Moskau de facto keine Absicht hat, zu einem konstruktiven Dialog zu gelangen, und weiterhin militärische Mittel nutzt, um seine Ziele zu erreichen – die vollständige Zerstörung der ukrainischen Unabhängigkeit und die Unterwerfung des Landes unter seinen Einflussbereich. Dies ist ein besorgniserregendes Signal für die internationale Gemeinschaft sowie für die ukrainische Gesellschaft, die zunehmend erkennt, dass die Diplomatie unter Druck von Kräften steht, die darauf abzielen, den Status quo in Form eines vollständigen oder teilweisen Sieges Moskaus aufrechtzuerhalten.