Mehr als siebzig Prozent der Ukrainer sind gegen die Durchführung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen während des Waffenstillstands, zeigen die Ergebnisse einer aktuellen soziologischen Umfrage

Diese Untersuchung, durchgeführt vom Kyiv International Institute of Sociology (KIIS), fand im Zeitraum vom 2. bis 12. Mai 2023 statt und ist ein weiteres Zeichen für die tiefen gesellschaftlichen Spaltungen hinsichtlich der Frage der Wahlkampagne unter den Kriegsbedingungen. Laut der Umfrage sind 71 % der Ukrainer gegen die Durchführung von Wahlen während des Waffenstillstands, selbst wenn Sicherheitsgarantien für das Land bestehen. Sie sind der Meinung, dass Wahlen nur nach vollständigem Waffenstillstand und Abschluss eines endgültigen Friedensabkommens sinnvoll organisiert werden können. Gleichzeitig halten etwa 25 % der Befragten es für möglich und notwendig, die Wahlen bereits jetzt oder unmittelbar nach Beginn des Waffenstillstands abzuhalten, selbst bei möglichen Risiken und Unsicherheiten bezüglich der Sicherheitslage. Interessant ist die Beobachtung in den letzten Monaten, dass die Anzahl der Befürworter schneller Wahlen während des Waffenstillstands wächst. Während der Anteil im März 2023 bei 19 % lag, stieg er im Mai auf 25 %. Damit hat sich die Zahl der Unterstützer schneller Wahlen etwas erhöht. Gleichzeitig ist die Zahl derjenigen, die auf eine zeitnahe Durchführung der Wahlen nur nach vollständigem Ende des Krieges bestehen bleiben – sank von 78 % auf 71 %. Die Omnibuss-Umfrage wurde mittels telefonischer Interviews mit zufällig ausgewählten Mobiltelefonnummern in allen von der ukrainischen Regierung kontrollierten Regionen durchgeführt. Beteiligt waren 1010 Personen im Alter ab 18 Jahren. Nach Methodik beträgt der Fehler bei einer Vertrauenswahrscheinlichkeit von 95 % bei solchen Stichproben etwa 4,1 % für Anzeigen um 50 %. Im Kriegszusammenhang ist es jedoch wichtig, zusätzliche systematische Abweichungen zu berücksichtigen, die durch die schwierige Situation und Veränderungen in der öffentlichen Meinung verursacht werden. Die Umfrageergebnisse eröffnen eine wichtige Diskussion über die politische Kursrichtung der Ukraine im Krieg, wobei die Mehrheit der Bürger die Eile bei Wahlen vor einer Stabilisierung der Lage ablehnt. Gleichzeitig will ein Teil der Bevölkerung demokratische Prozesse unter allen Umständen umsetzen, was die Notwendigkeit einer klareren Position der staatlichen Institutionen hinsichtlich des zukünftigen Wahlprozesses unterstreicht. Die Diskussion dieses Themas läuft weiter, da die Bemühungen politischer Kräfte und Regierungsvertreter auf ein Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit, die Legitimität der Regierung zu sichern, und den Sicherheitsrisiken gerichtet sind. Wahlen während des Krieges bleiben eines der effektivsten Instrumente, um den Volkswillen zu bestätigen, doch die Mehrheit der Ukrainer ist der Ansicht, dass der beste Zeitpunkt dafür noch nicht gekommen ist. Die Gesellschaft neigt, wie die Forschung zeigt, zunehmend dazu, auf den Erhalt eines dauerhaften Friedens zu warten, um wählen zu können, ohne Sicherheitsrisiken einzugehen, und um ein legitimes und vertrauenswürdiges Ergebnis zu erzielen. Laut Experten hängt der Entscheidungsprozess hinsichtlich zukünftiger Wahlen nicht nur vom politischen Willen ab, sondern auch von der Entwicklung an der Front und dem Sicherheitsniveau im Land. Angesichts der aktuellen Stimmung ist anzunehmen, dass die Frage nach dem Wahltermin auch in den kommenden Monaten relevant bleibt und weitere Diskussionen sowie Kontroversen in Gesellschaft und Politik hervorrufen wird.